ITD-CH 25 Beziehungen knüpfen – in Beziehungen denken. Wie kann Transdisziplinarität neue Denkräume öffnen?
Die schweizer Konferenz zu Inter- und Transdisziplinarität 2025 (ITD-CH 25) fand in Kooperation mit der Universität Lausanne statt.

Details
Beschreibung
Beziehungen knüpfen – in Beziehungen denken.
Wie kann Transdisziplinarität neue Denkräume öffnen?
Datum: Mittwoch 19. November 2025 Ort: Université de Lausanne
Die Wissenschaften stehen unter wachsendem Druck: Einerseits wird die Freiheit von Forschung und Lehre politisch eingeschränkt, andererseits geraten bestimmte wissenschaftliche Praktiken zunehmend unter Kritik. Hochschulen sollen nicht nur Grundlagenforschung betreiben, sondern auch rasch umsetzbare Innovationen – häufig mit technologischem Fokus – hervorbringen, anstatt Raum für komplexe gesellschaftliche Diskurse zu schaffen. Darüber hinaus wird von ihnen erwartet, Arbeitskräfte für den Markt auszubilden, statt junge Menschen zu kritischem Denken und reflektiertem Urteilsvermögen zu befähigen.
Doch komplexe Herausforderungen lassen sich nicht mit einfachen Antworten bewältigen. Sie erfordern vernetztes, relationales Denken, das Zusammenhänge und Wechselwirkungen sichtbar macht. Genau hier setzt die Transdisziplinarität an: Sie ist längst kein Nischenkonzept mehr, sondern wird zunehmend Teil des wissenschaftlichen Mainstreams und ist unverzichtbar, um technologische Innovationen gesellschaftlich zu verankern und soziale Innovationen gleichwertig zu fördern.
Der Dialog zwischen verschiedenen Fachbereichen und Sektoren fördert den Austausch unterschiedlicher Weltbilder. Zudem bringen die Beteiligten vielfältige inner- und ausserakademische Lebenserfahrungen in den Innovationsprozess ein. So entstehen neue Denkräume, in denen tragfähige Lösungen für drängende gesellschaftliche Herausforderungen entwickelt werden können.
An der ITD-CH 2025 stellen wir daher «Beziehungen» ins Zentrum und fragen:
Wie kann Transdisziplinarität dazu beitragen, die Beziehungen zwischen den verschiedenen Akteur:innen der Wissensproduktion und -anwendung zu gestalten und zu stärken? Können institutionelle Veränderungen dabei helfen, gesellschaftliche Polarisierung zu überwinden?
Wie können pluralistische Denkweisen wissenschaftliche Ansätze weiterentwickeln und neue Beziehungsräume öffnen?
Welche Kompetenzen sind erforderlich, um transdisziplinäre Lehre gezielt auf das Denken in Beziehungen auszurichten?
Inwiefern bieten Konzeptualisierungen wie die «Inner Development Goals» (https://innerdevelopmentgoals.org/framework/) eine Grundlage, um Beziehungen in Forschung und Paxis bewusster zu gestalten? Gibt es weitere vielversprechende Handlungsrahmen, die in Betracht gezogen werden sollten?
Ein idealer Rahmen, um diese Fragen zu diskutieren
Wir freuen uns, die ITD-CH 2025 gemeinsam mit innovativen Hochschuleinheiten – dem Institut de géographie et durabilité (IGD) und dem Centre interdisciplinaire de recherche sur la montagne (CIRM) – ausrichten zu dürfen. Das IGD ist innerhalb der explizit transdisziplinären Fakultät für Geowissenschaften und Umwelt (GSE) der Universität Lausanne (UniL) angesiedelt, zusammen mit eher naturwissenschaftlich geprägten Instituten. Das CIRM ist eines der vier strategischen interdisziplinären Zentren (CIR) an der UniL.
Solche akademischen Kontexte fördern inter- und transdisziplinäres Arbeiten – sei es durch ihre disziplinäre Offenheit, ihre thematische Ausrichtung oder ihre institutionelle Verankerung. Auch ist die Arbeitsweise von Geograf:innen hierfür ein treffendes Beispiel: Sie verfügt über eine lange Tradition, in Beziehungen zu denken und diese aktiv zu gestalten – etwa zwischen Sozial-, Kultur-, Planungs- und Naturwissenschaften, zwischen globalem Süden und Norden, über verschiedene zeitliche und räumliche Ebenen hinweg sowie zwischen Forschung und Praxis. Ähnliche Potenziale finden sich auch in der Nachhaltigkeits- und Gebirgsforschung.
Damit solche Beziehungen nicht nur theoretisch bestehen, sondern auch gelebt werden können, sind die richtigen institutionellen Rahmenbedingungen entscheidend. Wir werden daher auch aktuelle Entwicklungen an Hochschulen und in der Forschungsfinanzierung diskutieren, die inter- und transdisziplinäre Zusammenarbeit in Forschung und Lehre stärken – und dabei neue Handlungsspielräume ausloten.
Programm
9:00 Anmeldung und Kaffee
10:00 Begrüssung
10:15 Keynotes
Plenum
Prof. Laine Chanteloup: Faire science autrement : expériences et outils transdisciplinaires développés au sein du CIRM
Prof. Jérémie Forney: Collaborations, réflexivité et participation : retour d’expérience d’un Centre de compétence pour l’agroécologie au Jura
Diskutant: Ephraim Poertner, Critical Scientists Switzerland/UZH
11:30 Methoden und Formate erleben, Themen weiterentwickeln (Runde 1)
Interaktive parallele Workshops zu folgenden Themen:
L’audio-visuelle pour développer la transdisciplinarité
Making power visible: Deepening relations through the use of critical social science tools
Strategies to strengthen inter- and transdisciplinarity in your research organisation: an action guide
Implizites transdisziplinäres Wissen explizit gemacht – Erfahrungen aus der Hochschule Luzern
Scenarios as entry points for co-producing action-oriented knowledge
12:15 Pause/Lunch
13:15 Methoden und Formate erleben, Themen weiterentwickeln (Runde 2)
Interaktive parallele Workshops.
Die Workshops des Vormittages werden hier erneut angeboten.
14:15 Wissenschaftspolitischer Ausblick
Paneldiskussion (Fishbowl)
Moderierte Abschlussdiskussion mit Prof. Dr. Heike Mayer (Unibe), Rebekka Reichold (UZH), und Prof. Alexa Bodammer (HSLU)
Moderation: Theres Paulsen (td-net)
15:30 Vernetzung
Diskussionsrunden basierend auf den Postern
16:45 Apéro und geselliges Get-together
Workshop-Beschreibungen
Hier finden Sie eine Übersicht zu allen Workshop Beschreibungen der ITD-CH25. Jeder Workshop wurde zweimal angeboten, einmal am Vormittag von 11:30 bis 12:15 und einmal am Nachmittag von 13:15 bis 14:00.
WS1: L’audio-visuelle pour développer la transdisciplinarité
Contributeurs
Laine Chanteloup, Unil-CIRM
Kylian Henchoz-Manitha, Unil
Langue
Français
Résumé
L’atelier propose d’explorer la production de films comme outil de recherche et de médiation transdisciplinaire. En mobilisant l’image et le récit, il favorise le dialogue entre disciplines scientifiques, savoirs professionnels et expériences vécues. Le film devient un support commun, accessible et sensible, permettant de dépasser les barrières de langage ou de jargon académique. Sa force réside dans la capacité à mettre en valeur des points de vue pluriels, à documenter des pratiques, mais aussi à rendre visibles des émotions et des attachements aux lieux. Cet outil engage ainsi un rapport plus incarné aux enjeux environnementaux et sociaux étudiés. L’atelier discutera des avantages – ouverture à d’autres formes de savoirs, meilleure diffusion des résultats, implication des communautés concernées – mais aussi des enjeux méthodologiques et éthiques liés à la co-production d’images. En impliquant les populations locales dans l’écriture, la réalisation ou la restitution des films, il devient possible de renforcer leur participation active, leur reconnaissance et leur pouvoir d’agir. Plus qu’un simple outil de communication, la production filmique se présente alors comme un levier de co-construction des connaissances et un moyen de tisser des liens entre chercheurs, acteurs locaux et spectateurs.
WS2: Making power visible: Deepening relations through the use of critical social science tools
Contributors
Sierra Deutsch, Universӓt Zürich
Mirjam Steiger, Universӓt Zürich
Jinat Hossain, Universӓt Zürich
Rose Cecile Nelson, Universität Zürich
Language
English
Abstract
Experts agree that transformative change is urgently needed to address the global ‘polycrisis’ of climate change, biodiversity loss, widening social inequality, political instability, and related crises. For many, transforming relations is key for initiating such change, but needs to account for hidden power dynamics that create and maintain unjust, exclusive, and harmful relations. Moreover, the complexity of the polycrisis requires comprehensive solutions that can only emerge from deep engagement with diverse stakeholders and knowledges with varying levels of power. Addressing power dynamics is thus not only important to achieve the outcome of transformed relations, but also as part of the process of designing transformations. Critical Social Sciences (CSS) are those that dig deep into societal relations to identify hidden power dynamics and their effects and outcomes. In our SNSF Project Translating Transformations, we use CSS to design tools to help make hidden power dynamics more visible so that transformations can be enabled. In this workshop, we will introduce participants to two of our tools that demonstrate how two different types of power (discursive and structural) function in everyday life to subtly affect our relations with each other (in our personal and professional lives) and with society in general.
WS3: Strategies to strengthen inter- and transdisciplinarity in your research organisation: an action guide
Contributors
ITD Research Group, Eawag:
Dr. Sabine Hoffmann,
Dr. Jialin Zhang,
Dr. Maryna Lakhno,
Dr. Jana Thierfelder,
Hanna Salomon
Language
English
Abstract
Research organizations such as universities and institutes increasingly position themselves as solutions-oriented actors, aiming to generate knowledge that addresses societally relevant issues through inter- and transdisciplinary (ITD) research. Integration, i.e. the multi-dimensional process of interconnecting different perspectives and elaborating integrated outputs, constitutes the core feature and challenge of ITD research. However, a discrepancy between the theory and practice of ITD integration persists: the hiring and promotion criteria, organizational structures, funding schemes, and in-house competencies of research organizations do not necessarily create favorable conditions for enabling ITD integration in practice. This workshop intends to contribute to discuss such conditions for ITD integration. Workshop convenors will present an ‘action guide’ tailored to leaders of research organizations to strengthen ITD research within them and discuss with workshop participants a portfolio of strategies in four key areas: (1) organizational structures (2) hiring and promotion criteria, (3) funding requirements, and (4) learning and mentoring. Workshop participants will exchange in smaller groups on the relevancy and usefulness of the ‘action guide’ and reflect on action steps and their expected (intended and unintended) consequences.
Reference
Dettwiler D, Deutsch L, Hoffmann S (2024) Action Guide. Strategies to strengthen inter- and transdisciplinarity in your research organization. Eawag, Dübendorf; https://www.itdactionguide.ch/
WS4: Implizites transdisziplinäres Wissen explizit gemacht – Erfahrungen aus der Hochschule Luzern
Mitwirkende
Marie-Louise Nigg, HSLU, Design Film Kunst (DFK)
Stefan Kunz , HSLU, Technik & Architektur
Sprache
Deutsch
Abstract
Fachhochschulen besitzen aufgrund ihres engen Bezugs zur Praxis grosses Potenzial für transdisziplinäre Forschung und Forschung zu Transdisziplinarität. Dieses ist bislang aber noch wenig explizit gemacht worden. Das interdisziplinäre Netzwerk Raum & Gesellschaft (IDN R&G) der Hochschule Luzern unterstützt bereits seit 2018 inter- und transdisziplinäre Forschungsprojekte im Bereich der Raumentwicklung. Die komplexe Wechselwirkung unterschiedlicher sozialer, politischer, ökonomischer, ökologischer Interessen und Anspruchsgruppen sowie die daraus resultierenden Zielkonflikte unterstreichen die Bedeutung der Transdisziplinarität in diesem Bereich. Der IDN R&G ist aktuell daran, das implizite transdisziplinäre Wissen durch die Reflexion konkreter IDN-Forschungsprojekte, ihrer Methoden und Prozesse explizit und dadurch vermittelbar zu machen. Im Workshop werden erste Erkenntnisse vorgestellt und mit den Teilnehmenden diskutiert, inwiefern und wie sie sich in ihrem eigenen Umfeld an Fachhochschulen und Universitäten mit Transdisziplinarität auseinandersetzen und welche Mehrwerte und Spezifika sich daraus ergeben.
WS5: Scenarios as entry points for co-producing action-oriented knowledge
Contributors
Theresa Tribaldos, Centre for Development and Environment, University of Bern
Norman M. Kearney, Centre for Development and Environment, University of Bern
Language
English
Abstract
In this workshop, we facilitate experiential learning about how scenarios can be used in transdisciplinary research to elicit and connect different ways of thinking about and relating to the future. As depictions of how the future could be, scenarios can provide an entry point for exploring different values, interests, and beliefs – those represented in the scenarios, and those embodied by the participants who engage with, reflect on, and critique the scenarios. They can also foster the co-production of systems and transformation knowledge, leading to collaborative action. Our research focuses on food systems and social organization. As such, we motivate this workshop with a set of scenarios that explore power shifts in food systems (e.g., towards and away from intensive, monoculture agriculture). We invite participants with diverse backgrounds to join us in reflecting on these scenarios through the following questions: How would you feel if you lived in a world described by this scenario? Does this scenario make sense to you? How do you think this scenario could become reality? What could prevent this scenario from becoming reality? The workshop provides an opportunity to learn about and discuss scenario methods, food systems, and power relations, and to practice skills such as relational and counterfactual thinking.
Virtuelle Poster-Galerie
Hier finden Sie alle Poster, die während der Konferenz im Rahmen der Vernetzung präsentiert wurden. Die 25 Poster wurden von unseren Teilnehmenden eingereicht und der Beziehung, die sie besonders hervorheben eingeteilt.
Klicken Sie sich gerne durch die spannenden Beiträge!
Kunst/Kultur/Zivilgesellschaft
Forschung/ Interdisziplinarität/ Lehre und Bildung
Politik/ Verwaltung/ Governance/ Forschungsförderung
Umwelt/ Natur/ Nachhaltigkeit/ Landschaft
Praxis/ Wirtschaft/ Anwendung
Konferenzbilder
Finden Sie hier einige Eindrücke von der ITD-CH 25. Die Fotos wurden gemacht von Johan Nöthiger und Samuel Basil Rhomberg.








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